Überblick

Nach der Niederlage Preußens gegen die napoleonischen Armeen wurde u. a. aus der Provinz Südpreußen das Großherzogtum Warschau geschaffen. Dort wurde wie in den meisten französisch besetzten oder mit Frankreich verbündeten Staaten das napoleonische Gesetzbuch eingeführt, darunter auch der Code Civil, später auch Code Napoleon genannt. Im Großherzogtum Warschau erfolgte das 1808/1809.

Im Code Civil war das Personenstandswesen geregelt. Während in den westlichen deutschen Gebieten und Satellitenstaaten die Aufgaben des Personenstandswesen dem örtlichen Bürgermeister übertragen war, wurde im Großherzogtum Warschau dies den örtlich zuständigen Pfarrern und Priestern der jeweiligen Glaubensgemeinschaften übertragen. Diese Aufgabenübertragung durch Gesetz wurde im späteren polnischen Zivilrecht beibehalten, wie auch der Code Civil in einigen familienrechtlichen Bezügen bis 1932 fortgalt.

Das Königreich Polen wurde erst nach dem Wiener Kongress 1815 geschaffen und stand unter der Russischen Zarenkrone. Dieses Königreich heißt noch heute Kongresspolen. Es gab wie bisher keine gesonderten Personenstandsämter, aber ein Personenstandswesen und einen Personenstandsbeamten. Dieser war wie bisher der örtliche Pfarrer, Pastor oder auch Rabbiner.

Daher gibt es Zivilstandsregister - so heißen dort die Personenstandsbücher - der katholischen Konfession, evangelisch-ausgburgischen Konfession, der mosaischen Religion (so wurde die jüdische Religion zu dieser Zeit genannt), der griechisch-orthodoxen und der russisch-orthodox Konfession, Baptisten usw.

Eine Zivilstandsurkunde wurde beispielsweise eingeleitet mit den Worten: "Vor uns dem Pastor der evangelischen Parochie Stawiszyn, Civilstandsbeamter der Gemeinde Stawiszyn District und Departement von Kalisz erschien ...." Der Pfarrer unterzeichnete den Eintrag im Zivilstandsregister mit XY ... Pastor und Civilstandsbeamter.

Hieraus geht eindeutig hervor, dass es ein Personenstandswesen schon ab 1808 gab und auch entsprechende Personenstandsbücher (Zivilstandsregister). Diese werden heute aufbewahrt im zuständigen Wojewodschaftsarchiv bzw. die neueren im Kreisarchiv. Die der letzten 100 Jahre (rollierende Frist) liegen in den jeweiligen Stadt- und Gemeindeämtern.


Letzte Bearbeitung am 24. Dezember 2010.   ©   Dr. Claus Christoph, Hemmingen